Montag, 4. Dezember 2006

Ay Caramba.

Tobias Moorstedt hat für jetzt.de neun steile Thesen zur Blogosphäre aufgeschrieben. "jetzt.de durchleuchtet die Zukunft des Zukunftsmediums" hat er oder die Redaktion als Teaser drübergeschrieben, und das ist gleich schon der erste Fehler. Von der Zukunft ist da nämlich wenig zu lesen. Und unter "durchleuchten" versteht man offenbar "mal eben über die Oberfläche der Standardbeispiele (Dean, Derakshan, Pax, Borchert) flitzen". Nix für ungut, Tobias Moorstedt, aber
  • die geschätzte Zahl deutscher Blogs mag bei 60 000 beginnen, endet aber nicht bei 300 000, sondern laut der an anderer Stelle von Dir selbst erwähnten Studie von TNS Infratest (Sept. 2006) bei 1 400 000.
  • in die Top 100 der deutschen Blogs, welche auch immer Du meinst, kommt man garantiert nicht mit 450 Zugriffen im Monat. Den scheppen Vergleich mit der Schülerzeitung, die allerdings nicht unbedingt monatlich erscheint, laß' ich Dir.
  • Du behauptest, "Star-Blogger wollen das Internet eigentlich hinter sich lassen" und führst als Beleg Katharina Borchert an, die Online(sic!)-Chefredakteurin bei der WAZ geworden ist. Du erklärst weiter, solche Star-Blogger wollten das "unsichere und unrentable Ghetto" der Blogosphäre verlassen, hast aber ein paar Zeilen vorher vom sechsstelligen Monatseinkommen Perez Hiltons erzählt. Hallo, Widerspruch?
  • entscheiden solltest Du Dich schon, ob Blogs nun eher ein Dorf sind, die und eine "Illusion der eigenen Relevanz" produzieren, oder ob sie "die Herrschaft" der Mainstream-Medien "ins Wanken gebracht" und einen "beträchtlichen Einfluss als Agenda-Setter" haben, eine Marke "an einem Tag aufbauen und auch wieder vernichten" und auf privater Ebene sogar "Therapie-Ersatz" sein können. Sofern Du letzteres ernst meintest und nicht nur des Witzes wegen gebracht hast.
  • siehst Du nicht auch einen Widerspruch darin, daß Deiner Ansicht nach Blogs "vor allem von Journalisten gelesen" werden, zugleich aber zwei Drittel der Blog-Nutzer nur Texte lesen, "die von Freunden oder Bekannten geschrieben" wurden?
  • Du schreibst, Blogs "als Nachrichtenquellen" bräuchten ein "Ereignis", etwas später aber besitzen "Nachrichtenwert" vor allem die Fachblogs - solche also, die eigentlich eher selten auf Anlaß und Aktualität setzen, um ihre Kompetenz zu beweisen.
  • Hossein Derakshan war nicht nur "einer der ersten", die ein Blog auf Farsi verfaßten, er hat es erst ermöglicht, daß man Farsi auf einem Bloganbieter verwenden kann.
  • "der Blog Wirres.de" heißt "Wirres.net".
  • es mag ja sein, daß man laut Duden "der Weblog" genauso verwenden darf wie "das Weblog". Aber lege Dich doch wenigstens innerhalb EINES Textes auf eine Variante fest.
These #10 als Ergänzung von meiner Seite: Wenn Journalisten Schnellschüsse über Blogs abliefern, kommen sie damit nicht mehr durch, sorgen aber für Traffic beim Auftraggeber.

[via Turi2]

Update:
Stefan Niggemeier hatte die geheimnisvolle Zahl 450 schon früher bei der FR entdeckt. Niggemeier, der Star-Blogger, der das Internet dennoch nicht hinter sich lassen will, sondern im Gegenteil einen Redakteursposten bei der nicht völlig unrenommierten FAS dafür aufgegeben hat.

Montag, 27. November 2006

Und jetzt ...

... kommt auch noch boo.com wieder. Is' nich' wahr, oder?

Montag, 20. November 2006

Weblog zu verkaufen

Wer will ein Gadget-Blog? Für 3.500 $ (Sofortkaufpreis) ist Gadgetbloggers.com zu verkaufen. Siebeneinhalb Monate online, 12.752 Besucher und 167.000 PI im Monat, knapp 220 $ Einnahmen, von denen 125 $ an die beiden Autoren gehen. Von AdSense kommen da übrigens nur 20 $. Das scheint mir wenig bei den Zugriffszahlen, oder?

Donnerstag, 16. November 2006

Studivz zuckt

Von einem Tag auf den anderen hat das Studivz seine Kommunikationspolitik geändert - sofern man das, was vorher war, als Kommunikationspolitik bezeichnen kann. Zwischen Ehssans Verteidigungsaufsatz vom 13.11. und der abgeordnetenhaften Entschuldigung vom 15.11., die er zumindest unterschrieben hat, liegen sprachliche Welten. Und im Eintrag über die Finanzquellen der Studivz Ltd. wird zwar nicht alles verraten, aber mehr, als ich eigentlich erwartet hätte. Daß Spiegel Online das Thema aufgenommen hat, dürfte wesentlich dazu beigetragen haben. In den Kommentaren an der Blogbar liest man, daß Studivz-Pressesprecher Tilo Bonow seit Montag von dem geplanten Artikel wußte, die Geldgeber von Holtzbrinck seit Dienstag. Daß die neue Offenheit erst jetzt kam, erst nachdem den Mehrheitsgesellschaftern anscheinend aus Richtung Süddeutschland die Liebe entzogen wurde, verstehe ich trotzdem nicht.

Karsten Wenzlaff, der sich mit seinen englischen Zusammenfassungen viel Arbeit gemacht hat, hat den Studivz-Jungs bei einem Treffen ein paar PR-Ratschläge gesunden Menschenverstandes gegeben, von denen ich einfach nicht glauben kann, daß jemand wie Tilo Bonow nicht alleine drauf gekommen wäre. Ich mein', das ist der Mann, der den Jamba-PR-Gau erfahren hat.

Ist da jemand?

Und ohnehin: Holtzbrinck ist beteiligt, Leute von Spreadshirt - die eine ziemlich ausgezeichnete Unternehmenskommunikation betreiben, und zwar eine, die Privatpersonen in den Vordergrund rückt, ohne daß es schief geht - sind beteiligt und befreundet; und niemand wollte oder konnte diesen Kamikazekurs stoppen?

Zumindest hat man bei Studivz jetzt verstanden, daß Offenheit der letzte Weg ist, da wieder rauszukommen. Alles werden sie nicht verraten, aber man kann nicht ernsthaft erwarten, daß sie den Gesellschaftervertrag scannen und ins Blog stellen (das mit seiner enormen Kommentar- und Linkzahl eigentlich einen famosen Rang in der Top-100-Business-Blogs-Liste einnehmen müßte, oder?).

"Spenden finde ich toll."

Das Gelulle von "Netzwerkgedanken" und "Verringerung der Anonymität" ist damit jedenfalls endlich vorbei. Das hielt ich ja immer für eines der größten Ärgernisse - ärger als die Tatsache, daß da jemand, frisch oder noch nicht mal der Entrepeneurs-Uni entsprungen, ein Erfolgsmodell in den USA sichtet, kopiert und das superschnelle Geld macht, ärger als die Tatsache, daß der im Mittelpunkt stehende Gründer ("Frontsau" könnte man sagen) diese Filmchen veröffentlicht hat und vielleicht sogar ärger als das Elend des abseitigen Partyflyers. Diese Verarschung der User hat so prima funktioniert, daß den längst von EFF und Holtzbrinck unterstützten Gründern in den Kommentaren ihres Blogs mehrmals Spenden angeboten wurden.

Und in meinen Augen ist das der wesentliche Grund, warum Kommentare gegenüber den Bloggern auf der Jagd / den enttäuschten Studenten auf der Flucht, sie sollten sich um ihren Dreck kümmern / man müsse sich ja nicht im Studivz anmelden, nicht treffen. Mit Geduld und Zynismus kann man die Videos, den Völkischen Beobachter und die Wikipedia-Manipulationen als Unfug eines Einzelnen, private Peinlichkeit, Alkoholfolge, wasauchimmer abtun. Das andere aber war eine Grundlage der ganzen Unternehmung (und verschärft das Problem vertrauensselig eingegebener Daten). Wer Quickflipper kritisiert, der solle ein entspannteres Verhältnis zum Gründertum bekommen, sagen manche, aber Studivz selbst versuchte um Himmels willen den Eindruck aufrechtzuerhalten, man sei ein im Grunde unkommerzielles Studiprojekt, sowas wie der Verkauf von fair gehandeltem Kaffee? Ach nö, das sehe ich eigentlich nicht ein. Nichts gegen Gründer, nichts gegen clevere Kopisten, die es besser machen als das Original, und Kopisten, die es schlechter machen, mögen meinetwegen auch ihr Geld verbrennen. Aber durchsichtige Verarsche sollte nicht Erfolg haben.

Zieh' die Flip Flops aus, entspann' Dich!

Mark "Zuck" Zuckerberg könnte jetzt eigentlich die nackten Füße hochlegen und zuschauen. Der Preis für eine mögliche Übernahme des Studivz dürfte sich mit allem, was ans Tageslicht gekommen ist, spürbar drücken lassen. Und das Gerücht, daß Facebook demnächst um 1 Million Nutzer im Ausland wachsen wird, kann bei den Verhandlungen, die Facebook derzeit um einen eigenen Verkauf führt, nur preissteigernd sein.

Mal schauen, was Don Alphonso noch alles im Pulverturm hat, und wie man beim Studivz darauf reagiert.

Gibt es

eigentlich eine noch keine Whois-Suche noch nicht als Firefox-Plugin?

Donnerstag, 9. November 2006

Erster

Openbc will an die Börse, und zwar innerhalb der nächsten sechs Monate. Nach den immer schneller drehenden VC-Runden ein weiteres Argument für die, die sich an die Blase Nr. 1 erinnert fühlen. Die Pressemitteilung von heute nennt auch Zahlen: Knapp 1,5 Millionen Mitglieder, von denen rund 13 Prozent die Premiumvariante nutzen. Bisher machte immer die Angabe von 10 Prozent die inoffizielle Runde. Premiummitglieder und Moderatoren sollen bei der Aktienzuteilung bevorzugt werden. Für das am 30.09. abgelaufene Quartal gibt Openbc 2,79 Millionen Umsatz an. Da xingelt die Kasse am Gänsemarkt.

Freitag, 3. November 2006

Plakatkleber beteiligt sich an Videoportal

Die FTD berichtet, daß "die Beteiligungsgesellschaft" des von Bushaltestellen bekannten Werbeunternehmers Ströer sich am Videoportal Sevenload beteiligt hat. Web 2.0 hat jetzt schon die Plakatkleber überzeugt, könnte man da denken - und dabei vergessen, daß die besagte Beteiligungsgesellschaft die New Media Management GmbH sein wird, die mit Blogg.de, mabber.com, weg.de, neu.de, mp3.de, pkw.de und dem Vermarkter Orangemedia durchaus schon etwas länger aufs Internet schielt. In Köln macht man sich jetzt bestimmt ordentlich Gedanken über Synergien und Kreuzundquer-Promotion.

[via Kolja Hebenstreit]

Donnerstag, 2. November 2006

Endlich

gibt es ein deutsches Videosharingportal im Internet. Gähn. Yahoo ist jetzt auch dabei und läßt User Videos hochladen, bewerten und so. Bertram wird es sich demnächst genauer ansehen, schätze ich.

[via heise]

"Zeitschriften 2.0"-Liveblog

Das junge "Zeitschriftenblog", u.a. von Stefan Niggemeier gegründet und irgendwie noch gar nicht recht gewürdigt, bloggt seit heute live von der Jahrestagung des VDZ, die unter dem originellen Titel "Zeitschriften 2.0" in Berlin stattfindet. Peter Turi ist auch da, bloggt aber nicht live. Stattdessen gibt es bei ihm am Samstag, wenn er wieder daheim ist, wahrscheinlich den Lexikon-2.0-Artikel "C". So kann man natürlich auch versuchen, ein relevantes Medienblog zu werden.

Sherpa

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